
In den letzten zehn Jahren hat die Verbreitung von computergestütztem Design und computergestützter Fertigung (CAD/CAM) zur Entwicklung digitaler Technologien und neuer Arbeitsabläufe in der Zahnmedizin geführt. [1] Zahnärzte setzen zunehmend Intraoralscanner ein, die STL-Dateien erstellen und dreidimensionale (3D) Bilder der gescannten Objekte erzeugen, um digitale Abformungen des Zahnbogens zu erhalten. [2,3]
Digitale Abformungen haben bekannte Vorteile und vermeiden zudem viele der Einschränkungen, die mit analogen Arbeitsabläufen verknüpft sind[4]:
- sie erfordern keine Abformung von Gipsmodellen;
- sie ermöglichen eine sofortige Beurteilung der Modelle in positiver Form;
- sie eliminieren das Risiko einer Kreuzinfektion zwischen Zahnarztpraxis und Dentallabor;
- sie benötigen keinen physischen Speicherplatz;
- sie bieten den Patienten mehr Komfort.
Gleichwohl liefern herkömmliche Abformmaterialien in bestimmten klinischen Fällen, beispielsweise bei vollständig oder teilweise zahnlosen Patienten[5] und bei Rehabilitationen des kompletten Zahnbogens auf natürlichen Zähnen oder Implantaten[6,7], nach wie vor zuverlässigere Ergebnisse.
Die Digitalisierung zahnärztlicher Verfahren
Die Digitalisierung der Arbeitsabläufe in Zahnarztpraxen und Dentallaboren ist nach wie vor sehr kostspielig und mit einer relativ steilen Lernkurve verbunden. Die Einarbeitung in die erforderlichen Techniken und Instrumente erfordert insbesondere für ältere Zahnärzte einen erheblichen Aufwand. [8]
Dennoch ist unbestreitbar, dass digitale Arbeitsabläufe für das Dentallabor viele Vorteile in Bezug auf Zeit und Qualität bieten. In diesem Zusammenhang kann die Verwendung von Abformmaterialien, die durch spezielle industrielle Verfahren scanbar gemacht werden, die Vorteile herkömmlicher Materialien beibehalten und gleichzeitig die Herstellung von Gipsmodellen überflüssig machen. Denn bei diesem Prozess kann es leicht zu Fehlern kommen, was längere Arbeitszeiten und höhere Kosten für das Dentallabor zur Folge hat.[9]
Obwohl Materialien dieser Art noch nicht weit verbreitet sind, könnten viele Zahnärzte und Zahntechniker von ihrer Verwendung profitieren und sogar die Genauigkeit ihrer digitalen Abformungen in bestimmten klinischen Fällen verbessern. [10]
Scannen von Implantatabformungen
Die durch den Einsatz scanbarer Abformmaterialien ermöglichte Eliminierung von Gipsmodellen könnte sich insbesondere bei prothetischen Implantaten als vorteilhaft erweisen, da analoge Abform-Abutments aufgrund der Ausdehnung des Gipses verrutschen und zu Komplikationen bei den Prothesen führen können.[11]
Die Ergebnisse der Forschung
Eine Studie zeigt, dass Scans von Implantatabformungen genauer sind als solche von Gipsmodellen, die aus Pick-up- oder herkömmlichen Abformungen hergestellt wurden. [12] García-Martínez et al.[13] bestätigen, dass scanbare Abformungen aus Vinylsiloxanether mit einer insgesamt höheren Genauigkeit digitalisiert werden können als solche aus herkömmlichen Elastomermaterialien.
Andere Studien zum Scannen von Abformmaterialien berichten jedoch unterschiedliche und sogar widersprüchliche Ergebnisse. Eine Studie von Bosniac et al.[14] kommt zu dem Schluss, dass Scans herkömmlicher Abformungen, die mit Laborscannern angefertigt wurden, hinsichtlich der Randpassung von Zirkonkronen auf Abutments, die natürliche Zähne nachbilden, schlechter sind als Scans, die mit Intraoralscannern angefertigt wurden.
Die Autoren führen den Unterschied auf die eingeschränkte Fähigkeit des Laborscanners zurück, tiefe Kavitäten, innere Konturen und Unterschnitte in Abformungen zu lesen. Abdel-Azim et al.[15] haben die Genauigkeit von Abformungen für die Herstellung von Lithiumdisilikat-Kronen getestet und kommen zu genau dem gegenteiligen Ergebnis.
Eine weitere sehr interessante Studie von Runkel et al.[16] zeigt, dass die Wahl zwischen scanbaren und nicht scanbaren Materialien die Genauigkeit und Präzision des Scans stark beeinflusst und dass Scansprays bei zu dickem Auftragen sogar Fehler verursachen können.
Scannen von Zahnabformungen – weitere Vorteile
Eine weitere interessante Möglichkeit, die sich durch das Scannen von Abformungen ergibt, betrifft die Herstellung von herausnehmbaren Vollprothesen.
Um eine ausreichende Retention und Stabilität zu gewährleisten, muss die Basis einer Vollprothese äußerst präzise an die tragenden zahnlosen Bereiche angepasst sein.[17] Die umlaufende Abdichtung muss eng an die Konturen der Alveolarmukosa angeschmiegt sein: Nur so kann die Prothesenbasis am stützenden Gewebe richtig isoliert und die notwendige Saugwirkung durch den Speichel erzeugt werden.[5]
In diesem Bereich können digitale Abformungen im Gegensatz zu herkömmlichen Abformmaterialien noch keine perfekt sitzende herausnehmbare Prothese garantieren. Denn digitale Registrierungen des umlaufenden Abdichtungsbereichs weisen im Vergleich zu selbst einer einzigen Alginatabformung noch erhebliche Abweichungen auf.[5]
Scanfehler
Das Fehlen einer Kompression in Verbindung mit der Beweglichkeit der Weichgewebe und deren Dehnungsfähigkeit – insbesondere in den vestibulären Bereichen aufgrund der Größe der Sonden – kann zu Scanfehlern führen. In diesem Zusammenhang könnte das Scannen einer analogen Abformung eine praktikable Möglichkeit sein, um zur nächsten Phase überzugehen. Dies würde einen digitalen Arbeitsablauf ermöglichen, der sowohl für die Praxis als auch für den Patienten bei der Herstellung von herausnehmbaren Prothesen von Vorteil ist.
Einige Forschungsergebnisse belegen, dass Prothesenbasen, die aus vorgehärteten Harzblöcken in einem CAD-CAM-Verfahren hergestellt werden, aufgrund der Polymerisationsschrumpfung des Harzes präziser sind und sich besser an das Weichgewebe des Patienten anpassen als solche, die mit herkömmlichen Techniken hergestellt werden.[18–20]
Schlussfolgerungen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Scannen einer Abformung eine sinnvolle Alternative zum intraoralen Scannen darstellt und in bestimmten klinischen Fällen sogar bessere Ergebnisse liefern kann.
Dennoch bleibt der seit Jahrzehnten bewährte konventionelle Arbeitsablauf, der auf der Herstellung von Gipsmodellen anhand einer analogen Abformung basiert, für die meisten Rehabilitationen der „Goldstandard“. Gipsmodelle werden daher auch weiterhin eine grundlegende Rolle in vielen Labor- und klinischen Arbeitsabläufen spielen.
Literaturangaben:
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[4] Ting-Shu S, Jian S. Intraoral Digital Impression Technique: A Review. J Prosthodont Off J Am Coll Prosthodont 2015;24:313–21. https://doi.org/10.1111/jopr.12218.
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[20] Wang C, Shi Y-F, Xie P-J, Wu J-H. Accuracy of digital complete dentures: A systematic review of in vitro studies. J Prosthet Dent 2021;125:249–56. https://doi.org/10.1016/j.prosdent.2020.01.004.
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